Warum ist Vitamin D wichtig?
Vitamin D unterstützt die Knochendichte, das Wachstum, die Zahn- und Muskelfunktion, indem es die Aufnahme von Kalzium und Phosphor im Körper erhöht. Außerdem reguliert es die Immunfunktionen und kann potenziell eine schützende Rolle gegen Infektionen spielen. Ein Mangel an Vitamin D im Kindesalter kann zu ernsthaften Folgen wie Rachitis, Muskelschwäche und Wachstumsverzögerungen führen. Selbst in Ländern wie der Türkei, die reichlich Sonnenlicht erhalten, ist Vitamin-D-Mangel bei Kindern weit verbreitet. Daher ist die Annahme „Sonne reicht aus“ möglicherweise nicht immer gültig.
Da im Sommer die Sonneneinstrahlung zunimmt, denken viele Menschen, dass der Bedarf an Vitamin D auf natürliche Weise gedeckt wird. Doch Faktoren wie Tageszeit, Hautfarbe, Kleidung und die Verwendung von Sonnenschutzmitteln können die Produktion bei Kindern erheblich beeinflussen. Zudem gibt es Unsicherheiten über die Speicherkapazität des Körpers für Vitamin D und darüber, wie lange diese Speicher ausreichen. In diesem Artikel werden wir daher die Frage „Reicht Sonnenbaden aus?“ aus wissenschaftlicher Sicht beleuchten.
1. Vitamin-D-Produktion durch die Sonne:
Wenn die Haut UVB-Strahlen ausgesetzt wird, wandelt sich das Vorläufermolekül 7-Dehydrocholesterin in Prävitamin D₃ um, das anschließend in aktives Vitamin D umgewandelt wird. Kleidung, Wolken, Luftverschmutzung, Jahreszeit, geografische Breite, Hautfarbe und Sonnenschutzfaktoren beeinflussen diese Umwandlung erheblich. Dunkelhäutige Kinder benötigen beispielsweise 3–5 Mal länger Sonneneinstrahlung als hellhäutige Kinder, um dieselbe Menge Vitamin D zu produzieren.
Sonnenschutzmittel in Spray- oder Cremeform mit einem Lichtschutzfaktor über SPF 30 können bis zu 95 % der UVB-Strahlen blockieren und dadurch die Vitamin-D-Synthese deutlich verringern. In der Praxis erfolgt aufgrund unvollständiger Anwendung zwar eine minimale Synthese, dennoch besteht bei Kindern, die Sonnenschutz verwenden, ein erhebliches Risiko für einen Mangel. Aus diesen Gründen ist der Ansatz „Draußen spielen reicht aus“ nicht sicher und nicht ausreichend.
2. Reicht die Sonne im Sommer? Erkenntnisse zu Türkei und Kindern
Trotz reichlich Sonnenschein in südlichen Breitengraden wie der Türkei ist Vitamin-D-Mangel bei Kindern weit verbreitet. In einer Studie bei 6–9-Jährigen wurde am Ende des Sommers bei 3,4 % der Kinder ein Mangel und bei 27,7 % eine unzureichende Versorgung festgestellt. Dieses Ergebnis zeigt, dass es selbst in sonnenreichen Sommermonaten schwierig sein kann, ausreichende Werte zu erreichen.
Eine italienische Studie berichtete, dass selbst Kinder, die mindestens fünf Monate im Jahr der Sonne ausgesetzt waren, teilweise immer noch niedrige Vitamin-D-Spiegel aufwiesen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Sonnenbaden im Sommer allein nicht ausreicht und bei einigen Kindern eine zusätzliche Unterstützung und Kontrolle erforderlich ist.
3. Tägliche Sonnenexposition und Wirksamkeit
Als allgemeine Richtlinie wird empfohlen, 10–20 Minuten bei minimaler Erythemdosis, 2–3 Mal pro Woche, Gesicht, Arme und Beine unbedeckt zu lassen, um eine ausreichende Vitamin-D-Produktion zu erreichen. Damit dies wirksam ist, müssen jedoch Faktoren wie Sonnenstunden (10:00–16:00 Uhr), Hauttyp und lokaler UV-Index berücksichtigt werden.
Ein Modell aus dem Jahr 2021 legt nahe, dass in Regionen wie der Türkei eine UVB-Exposition von 30–40 Minuten zu bestimmten Tageszeiten ausreichen kann, um bei Kindern ausreichende Werte zu erzielen. Dennoch ist diese Zeitspanne nicht für alle gleich; insbesondere in Städten kann Luftverschmutzung trotz sonnigen Wetters die UVB-Intensität verringern.
Es sollte auch nicht vergessen werden, dass UVA-Strahlen in Sonnenlicht krebserregend sein können.
4. Vergleich: Sonne vs. Vitamin-D-Supplementierung
In einer kürzlich durchgeführten randomisierten kontrollierten Studie wurde festgestellt, dass die tägliche Gabe von 400 IE Vitamin D₃ an gestillte Säuglinge weitaus wirksamer war als nur wöchentliche Sonnenexposition. Nur 13,9 % der Kinder in der Sonnen-Gruppe erreichten ausreichende Vitamin-D-Werte, während dieser Anteil in der Supplement-Gruppe auf 35,1 % anstieg.
Dies zeigt, dass insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern eine ausreichende Sonnenexposition schwer zu erreichen sein kann. Aufgrund von Schlafrhythmus, Häufigkeit des Aufenthalts im Freien und dem Aufenthalt in überwiegend geschlossenen Räumen wie Kindergärten oder Krankenhäusern ist eine orale Supplementierung oft die verlässlichere Methode.
5. Anwendungsempfehlungen und Vorsichtsmaßnahmen
Wer sollte supplementieren?
Auch bei sehr sonnigem Wetter sollten Säuglinge, dunkelhäutige Kinder, Kinder mit bedeckender Kleidung und solche, die lange Zeit in Innenräumen verbringen, ihre Vitamin-D-Werte überprüfen lassen. Abhängig von den Ergebnissen kann unter ärztlicher Aufsicht eine Supplementierung begonnen werden. Besonders am Ende des Winters (Oktober–Mai) steigt das Risiko für einen Mangel.
Dosierung und Dauer
Für Kinder liegt die empfohlene tägliche Dosis in der Regel zwischen 400–600 IE, und zwar unabhängig von Sommer oder Winter. Unter ärztlicher Kontrolle kann anhand der Serum-25-Hydroxy-D3-Werte entschieden werden, ob eine kontinuierliche oder saisonale Supplementierung notwendig ist.
Sonnenschutz und Hautgesundheit
Auch im Sommer ist übermäßige Sonnenexposition zu vermeiden: Längeres Sonnenbaden kann das Krebsrisiko erhöhen. Daher sollte ein Gleichgewicht gefunden werden – die Vorteile der Sonne nutzen, aber dennoch Sonnenschutz, Hut, Schatten und Kleidung verwenden und die Sonnenzeit nicht überschreiten.
Fazit: Reicht die Sonne, wann ist eine Supplementierung nötig?
- Die Sonne ist die natürlichste Quelle für Vitamin D, reicht aber aufgrund vieler Faktoren allein oft nicht aus.
- Selbst in sonnenreichen Regionen wie der Türkei wird bei fast 30 % der Kinder am Ende des Sommers eine unzureichende Versorgung festgestellt.
- Orales Vitamin D₃ kann vor allem in der Säuglings- und frühen Kindheit deutlich wirksamer sein als Sonnenexposition allein.
- Unter Berücksichtigung von Hauttyp, Lebensstil, Jahreszeitenwechsel und geregelten Sonnengewohnheiten ist die Kombination aus Sonne + Supplementierung in der Regel der sicherste Ansatz.
Kurz gesagt: Maßvolles Sonnenbaden ist gut, reicht aber oft nicht aus. Mit wissenschaftlichem Blick und in Absprache mit dem Arzt lässt sich der sicherste und wirksamste Weg für Kinder finden.
Literaturverzeichnis
Erol, M. (2015). Vitamin D Deficiency in Children and Adolescents: seasonal levels in Türkiye. Journal of Pediatric Endocrinology & Metabolism. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26316436/
Goyal, A. et al. (2022). Sun Exposure vs Oral Vitamin D Supplementation for Breastfed Infants: Randomized Controlled Trial. Indian Pediatrics, 59(11), 835–836. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36148748/
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